Leseprobe
…hier ein kleiner Auszug aus meinem E-Book:
Im Rhythmus der Stille – Die Stille im Rhythmus
Eine Begegnung mit den verbindenden Energien der Trommel zwischen Himmel und Erde
Kap. 4 – Die Stille im Rhythmus erfahren / Wie funktioniert Rhythmus?
Laotse:„Es sind nicht die Speichen, die ein Rad ausmachen, sondern die Räume zwischen ihnen und es sind auch nicht die Bäume, die einen Wald ausmachen, sondern die Räume zwischen ihnen! Ohne diese Zwischenräume wären sie nur ein großer dicker Holzklumpen“.
So ist es auch mit Rhythmus (mit allen Rhythmen). Am Anfang ist der Puls. Diese Aussage erscheint zunächst sehr abstrakt. Denn Menschen „hören“ und fühlen oft keinen „Puls“. Weder in sich selbst noch in ihrer Umgebung. Der gebräuchliche musikalische Ausdruck „Takt“, klingt für mich aber zu statisch, mechanisch. Puls fühlt sich schon in der Sprache viel lebendiger an und pulsieren ist sicher auch ein anderes mögliches Wort für „grooven“, für das es ja eigentlich auch keine klare Übersetzung gibt. Auch die dem Wort „Takt“ innewohnende Mehrbedeutung passt nicht so gut zu meinen Ausführungen wie der Begriff Puls.
Ein einzelner Schlag auf eine Trommel wird oft als Lärm oder Krach empfunden – ein weiterer Schlag und noch weitere formen den Lärm zum Rhythmus um – wenn zwischen den Schlägen eine gleichmäßige STILLE entsteht, haben wir einen Puls. Auf diesen Puls setzen wir eine wechselnde Folge von Klängen und Stille. So eine bestimmte Reihenfolge von Sounds und Stille, die ständig wiederholt wird, ist Rhythmus. Der Zwischenraum, der Raum zwischen zwei oder mehreren Schlägen formt den Rhythmus, nicht der einzelne Schlag.
Wenn ich diesen Zwischenraum als Stille erfahren lerne, wenn ich ein Gefühl für die Dimension des Raumes in dieser kleinen Dimension eines „musical flows“ entwickle, erhalte ich eine Ahnung über die wahren, kosmischen Ausmaße aller uns umgebenden Rhythmen. Diese Ahnung kann im Laufe der Zeit zur Gewissheit werden. Meditationen über Klänge hören und Stille wahrnehmen erweitern das Bewusstsein dafür und die Abstraktion wandelt sich zur Grundlage eines Lebens in Balance und Verbundenheit. Zeit-Räume und Klang-Räume existieren auch jenseits unserer bewussten Sinneswahrnehmung und beeinflussen uns.
Zum Beispiel der Tag- und Nachtrhythmus – wir kennen das alle (sofern wir uns ab und zu in die Natur begeben und uns den Vorgängen öffnen und hören können) – in den Phasen des Übergangs, wenn der Tag in die Nacht übergeht und umgekehrt, gibt es einen Moment der Stille, in der alles still wird und für einen kurzen Augenblick scheinbar eine Besinnung des Lebens auf den bevorstehenden Wechsel stattfindet.
Ein großer Teil der uns umgebenden Rhythmen bewegt sich in Dimensionen, die für die menschliche Vorstellungskraft nicht so ohne weiteres erfassbar sind, sowohl makro- als auch mikrokosmisch. Unsere inneren Rhythmen, wie zum Beispiel den Herzschlag, oder unsere Bewegungsmotorik beim Atmen oder Laufen können wir dagegen schon – mit etwas Übung – uns ins Bewusstsein heben. Je besser uns das gelingt, desto besser sind wir auch gerüstet, den „unnatürlichen“ Rhythmen unseres Umfeldes entgegenzuwirken bzw. sich mit ihnen zu harmonisieren (zusammen zu schwingen), ohne den eigenen Rhythmus zu verlieren. Im besten Falle kann man sogar die „Umgebungs-Rhythmen“ (zumindest teilweise) beeinflussen und dem eigenen Tempo anpassen.
„Das Wissen, dass der Herzschlag des Menschen auf den Rhythmus der Trommeln reagiert, ist die Grundlage schamanischer Zeremonien, in denen Musik eine zentrale Rolle spielt. Durch die Wirklichkeit der darin verwendeten Rhythmen verändern sich die Immanenz-Rhythmen der daran teilnehmenden Menschen. Ihr Puls wird von Musikern, in denen dieses Wissen um die innere Kraft des Rhythmus lebendig ist, liebevoll in die Hand genommen und in die Mehrdimensionalität verschiedener Rhythmen geführt. Ein solcher rhythmischer Prozess hat unmittelbare Auswirkungen auf das Bewusstsein derer, die ihn erleben. Man kann sagen, sie kommen durch das Mitschwingen ihres Pulses mit den Trommeln in den Zustand einer Offenheit, einen Übergang in andere Dimensionen. Diese Rhythmen haben deswegen ihre Wirkung, weil sie vom Herzpuls eines Musikers ausgehen und dadurch den Herzpuls eines anderen Menschen zu erreichen vermögen. Die Musiker treten mit den Menschen, für die sie und mit denen sie spielen, in eine Beziehung, die sich vom Herzen des einen zum Herzen des anderen erstreckt.“
(Reinhard Flatischler – „Die vergessene Macht des Rhythmus“)