Geschichte der Popmusik
Die Geschichte der Popmusik.
Oben in der Grafik als vereinfachte Darstellung der zeitlichen Entwicklungen und Überschneidungen der verschiedenen Musikstile, die zur Entwicklung der modernen Popmusik beigetragen haben. Im Text unten der eigentlich frevelhafte Versuch, komplette und komplexe Entwicklungen der Popmusik in 10-zeiligen Absätzen zu beschreiben. Aber als ersten Einstieg für Interessierte kanns schon funktionieren. Viel Spaß beim Lesen.
Blues – (1900–heute):
Anfang des 20. Jahrhunderts entstand der Blues als populäre Variante der Arbeiterlieder und spirituellen Gesänge der afroamerikanischen Sklaven auf den Baumwollplantagen im Süden der USA. Diese emotionale und tiefgründige, oft traurige, zwischen Resignation und Aufbruch schwankende Musikform legte den Grundstein für viele zukünftige Musikgenres. Für viele Schwarze war der Blues eine Möglichkeit sowohl Unterdrückung zu kompensieren als auch zu thematisieren und durch Auftritte (vor ausschließlich weißem!) Publikum dem tristen Alltag zu entfliehen. Die im Vergleich zu weißen Musikern eher geringe Popularität reichte trotzdem aus, um die Lebensverhältnisse vieler schwarzer Musiker zu verbessern, weil sie nun eine Öffentlichkeit hatten, die ihre Lebensumstände (und das von Schwarzen allgemein) nicht mehr so leicht ignorieren konnte. Zu den Pionieren des Blues zählen Musiker wie Robert Johnson und Bessie Smith, deren Songs auch heute noch beeindrucken.
Jazz – (1920–heute):
In den 1920er Jahren entwickelte sich der Jazz aus dem Blues und Ragtime, geprägt durch seine Improvisation und komplexen Rhythmen. Diese Musikform blühte vor allem in Städten wie New Orleans und Chicago auf. Ikonen dieser Ära wie Louis Armstrong und Duke Ellington brachten den Jazz zu einem breiten Publikum und setzten neue Maßstäbe für musikalische Kreativität. In den Anfängen waren es vornehmlich schwarze Interpreten, später dann zunehmend immer mehr weiße Solisten in gemischten Combos. Interessanterweise ist der „Jazz“ (hier mal als Verallgemeinerung) die Musik, die sich am wenigsten kommerzialisierte/kommerzialisieren ließ und ihren Freiheitsanspruch in den langen, solistischen Improvisationen widerspiegelte. Die Kompositionen wurden länger, harmonisch anspruchsvoller und jeder Musiker in der Band hatte seinen Freiraum sich zu produzieren. Die Spieltechniken wurden immer komplexer und ausgefeilter und generierten ein riesiges Experimentierfeld zwischen zeitlos schönen Melodien und dem oft als chaotisch empfundenen Free Jazz. Diese dem Jazz innewohnende Eigenschaft, macht diese Musik bis heute relevant und bietet einen reichhaltigen Austausch mit der Musik anderer Kulturen. Kontinuierlich lässt sich beobachten, wie sich von Dekade zu Dekade, von den 20ern und 40ern über 50er, 60er, bis ebenfalls die Jazz-Musik in den 70ern explodierte (siehe 70er Rock-Dekade – dort gaben sie sich zunehmend gerne die Hände). Das machte den Jazz zur Weltmusik.
Rock – (1950–heute):
Die 1950er Jahre brachten den Durchbruch des Rock’n Roll, eine kraftvolle Mischung aus Blues, Country und R&B. Künstler wie Elvis Presley, Bill Haley und Jerry Lee Lewis verkörperten den rebellischen Geist dieser Zeit und ebneten den Weg für spätere Rocklegenden. Der Rock’n Roll veränderte die Jugendkultur weltweit, beeinflusste Generationen von Musikern und wurde als „Rockmusik“ zu einem der populärsten Musikstile, der seinerseits unzählige Sub-Varianten schuf. Trotz der eindeutig von schwarzer Melancholie geprägten Wurzeln wurde diese Musik nun von hauptsächlich weißen männlichen Musikern dominiert. Prominente Ausnahmen als schwarze Rock’n Roller wie Little Richard und Chuck Berry lenkten den Blick von dieser Entwicklung ab.
Pop – (1960–heute):
Die 1960er Jahre waren geprägt von gesellschaftlichen Veränderungen und musikalischer Vielfalt. Der Beat, verkörpert durch Bands wie The Beatles wurde bald zum Pop und der Psychedelic Rock von The Doors spiegelte die experimentelle und rebellische Stimmung dieser Dekade wider. Pink Floyd übernahmen aber bald widerspruchslos diesen psychedelisch-elektronisch aufgepumpten Bereich des Rock.
Gleichzeitig entstanden Protestsongs von Künstlern wie Bob Dylan, Donovan, Joan Baez und vielen, vielen mehr, die politische und soziale Themen aufgriffen und damit die Musik der Jugendkultur mit einem politisch lautstarken Element versahen, der „frischen Wind“ durch die Lausprecher blies. Freiheit war das zentrale Anliegen. Freie Liebe, freie Drogen, freie Lebensgemeinschaften in Kommunen, frei von gesellschaftlichen Zwängen. Das legendäre Woodstock-Festival von 1969, setzte den Ton für die musikalische und kulturelle Landschaft der 1970er Jahre.
Doch die Popmusik ist der Moloch, der irgendwann alle musikalischen Stilrichtungen und Genres vereinnahmt, die mal aus Protest, Unzufriedenheit oder anderen Beschreibungen von Missständen entstanden sind. Dieses „Schicksal“, von den unbequemen Aspekten befreit, ereilte alle: den Blues, den Swing, den Rock’n Roll, die Protestsongs, den Punk, den Rap und alle anderen, die als ehemalige Stimme „von unten“ in den glatt polierten Mainstream gehoben wurden.
Vereinfacht gesagt, war nun die Wandlung von ehemals schwarzer Musik zu einer von Weißen für Weiße produzierte Unterhaltung quasi vollzogen. Notwendigerweise schaffte die Popmusik der schwarzen Bevölkerung in Amerika ein eigenes Identifikations Genre, den Soul und seinem stark rhythmisierten Bruder, den Funk (die dann beide später wieder dem Jazz die Hände reichten).
Hip-Hop – (1970–heute):
Entstand in den 1970er Jahren in den von schwarzen und anderen PoC bewohnten Ghettos von Detroit und Harlem/New York aus dem Soul und hat sich zu einem weltweit beliebten Genre entwickelt (und ebenfalls kommerzialisiert). In den oft harten, realitätsnahen Rap-Texten der ersten Rapper über Diskriminierung und Gewalt war von den oft süßlichen Texten und Arrangements des Souls (üppige Geigen und romantische Texte) nichts mehr übrig. Oft reichte ein einfacher, stark rhythmischer Drum-Groove, auf den Bass und Keyboards spärliche Akzente setzten. Was zählte, war die Erzählung, die Story. Die schwarze Bevölkerung hatte eine, nein viele Stimmen gefunden. Aber auch hier waren bald die weißen Musiker zur Stelle und bildeten einen globalisierenden Multiplikator, der heute weltweit und nun erfreulicherweise auch weiblichen Künstlerinnen nicht nur akzeptiert, sondern auch feiert und feministische Positionen thematisiert.
Die 1970er Jahre waren auch die Dekade der Gitarre. Hard-Rock und Heavy Metal, angeführt von Bands wie Led Zeppelin und Black Sabbath war geboren. Jimi Hendrix revolutionierte das E-Gitarrenspiel und Carlos Santana erfand den Latin-Rock Sound, Jimmy Page, Eric Clapton und Jeff Beck erweiterten die stilistische Vielfalt des Rock. Weibliche Musikerinnen wie Janis Joplin waren die Ausnahmen mit ihren einzigartigen Stimmen als Persönlichkeiten in der männlich dominierten Musikszene. David Bowie und Frank Zappa brachten innovative und oft exzentrische Experimente in die Rockmusik ein, so dass man die 1970er Jahre mit ihren stark von Drogenkultur, psychedelischen und religiösen Erfahrungen geprägte Subkultur-Musik als mit den größten Einfluss auf die Musik und die Künstler dieser (und unserer) Zeit bezeichnen kann. In diese Dekade fällt auch die oft geschmähte, für schwierig gehaltene Fusion der Stile Rock und Jazz zu Jazzrock oder Rockjazz. Fusion war das neue Zauberwort (das keinen Beifall von den Puristen auf beiden Seiten erhielt), das aber die anfänglich teilweise holprigen Annäherungsversuche mit der Zeit zu einem neuen, riesigen Experimentierfeld werden ließ. In dieser Zeit (Ende der 70er) entstand auch der Punk, der nun die Rolle der Aufklärung und des Protests (in dem Fall gegen die etablierte, kommerzialisierte Popkultur) übernahm, bis er selbst zum Mainstream wurde und die ehemals (selbst) verletzende und verstörerende Attitüde der Sicherheitsnadeln und zerrissenen Kleidung bis in die Welt der Mode transportierte.
R&B – (1960–heute):
Rhythm & Blues, der Katalysator in den 60ern als Zwischenschritt zur Beatmusik der Beatles, Rolling Stones und anderen weißen, englischen jungen Musikern, meist aus der sog. Arbeiterklasse englischer Industriestädte, die sich den Blues vornahmen, ihn rhythmisierten und so für eine neue Musik sorgten, die die Popmusik zu einem festen Bestandteil der Jugendkultur weltweit machen sollte.
Heute wird der Begriff „R&B“ anders besetzt. Schwarze Künstler/innen begreifen und interpretieren ihn heutzutage als neue Form des Soul und integrieren auch Rap, Hip-Hop und Jazzelemente.
Pop und elektronische Musik – (1980–heute):
Die 1980er Jahre waren die Ära des Pop, mit Superstars wie Michael Jackson und Madonna, die die Charts beherrschten. Gleichzeitig erlebte elektronische Musik einen Aufschwung, geprägt durch die Verwendung von Synthesizern und Drumcomputern. Bands wie Depeche Mode und Kraftwerk legten den Grundstein für Genres wie Techno und House, die in den folgenden Jahrzehnten immer populärer, aber auch immer kommerzialisierter werden sollten.
Grunge, Britpop und Hip-Hop – (1990-heute):
Die 1990er Jahre brachten eine Vielfalt an Weiterentwicklungen. Der Grunge, mit Bands wie Nirvana und Pearl Jam, brachte eine raue und authentische Note in die Rockmusik. In Großbritannien feierte der Britpop mit Oasis und Blur große Erfolge. Gleichzeitig erlebte Hip-Hop, die nunmehr kommerzialisierte Variante des Ghetto-Raps mit Künstlern wie Tupac Shakur und The Notorious B.I.G., eine explosionsartige Popularität die diese Musik endgültig in den Mainstream „verschwinden“ lässt.
Indie, elektronische Musik und globale Einflüsse – (2000-)
Die 2000er Jahre waren geprägt von der Indie-Rock-Bewegung, mit Bands wie Arctic Monkeys und The Strokes, die frischen Wind in die Rockszene brachten. Elektronische Musik entwickelte sich weiter, mit Künstlern wie Daft Punk und The Chemical Brothers, die neue Klangwelten erschufen. Globale Einflüsse, insbesondere aus Lateinamerika, wie Reggaeton und Latin Pop, fanden ihren Weg in die Mainstream-Musik durch Künstler wie Shakira und Daddy Yankee, Beyoncé kocht den Blackmusic-Eintopf und Ed Sheeran, vom Lagerfeuer in den Pophimmel und wieder zurück, zeigen, wie vielfältig und einflussreich die Popmusik geworden ist. Die britische Sängerin Amy Winehouse aber ist die herausragende Künstlerin dieser Epoche.
Der z.Zt. aktuellste Trend ist der Blick (besser: die Ohren) in die asiatische Kulturen, wo wir den K-Pop entdeckten und in den westlichen Pop-Kultur Zirkus aufnahmen („K“ steht für Korea – den südlichen Teil – ist aber auch in Japan usw. populär).
Heute – Vielfalt und Vermischung
In der heutigen Musikwelt sind die Grenzen zwischen Genres fließend. Künstler experimentieren und vermischen verschiedene Stile, um neue und einzigartige Sounds zu kreieren. Afrikanische Rhythmen und Melodien, über den Umweg von England und den USA, prägen weiterhin viele moderne Musikrichtungen.